Leben auf der Straße - verwilderte und „zahme“ Streunerkatzen
Tierschützer schätzen, dass es in Deutschland zwei bis drei Millionen verwilderte Katzen gibt, die täglich um ihr Überleben kämpfen. Sie sind oft krank, unterernährt, manche sind verletzt. Es sind Nachkommen von Hauskatzen, doch sie haben den Bezug zum Menschen verloren. Sie können kaum alleine überleben.
Auch in Essen leben viele tausend solcher verwilderten Streunerkatzen. Von der Öffentlichkeit wird das Problem nur selten wahrgenommen, da die Streuner sehr menschenscheu sind und sich tagsüber kaum zeigen.
Und noch immer paaren sich diese „Wildlinge“ mit nicht kastrierten zahmen Haukatzen, denen, trotz fehlender Kastration und ohne dass die in einem Haustierregister gemeldet sind, Freigang gewährt wird. Der Vermehrungszirkel dreht sich somit immer weiter.
Zwar ist 2015 in Essen die Katzenschutzverordnung in Kraft getreten, die für Freigängerkatzen- also Katzen, deren Besitzer ihnen Freigang gewährt- die Kennzeichnung mit Transponder („Chip“), die Registrierung in einem Haustierregister und die Kastration vorschreibt und Zuwiderhandlung mit Geldstrafen für den Besitzer ahnden kann. Leider scheint der Nachdruck, mit dem diese Ordnungswidrigkeiten verfolgt und Sanktionen verhängt werden, nicht stark genug! Tierschützer*innen, die sich um die Durchsetzung der Katzenschutzverordnung bemühen, werden oftmals belächelt. Und zwar nicht nur von Besitzern unkastrierter und unregistrierter Katzen ... leider!
Der Teufelskreis muss also an mehreren Stellen unterbrochen werden. Deshalb kümmern sich auch in Essen engagierte Tierschützer*innen um die verwilderten Streuner. Sie fangen mit Lebendfallen und lassen sie kastrieren und medizinisch versorgen. Vermittelt werden können diese Katzen im Anschluss jedoch nur selten, da sie meistens zu scheu sind. Die Tierschützer*innen setzen die Tiere deshalb später wieder an den Fangstellen aus und richten Futterstellen ein. Auf diese Weise kann die Katzengesellschaft an solchen „Hot-Spots“ stabilisiert werden.
Dazu ist es allerdings auch nötig, die Futterstellen gut im Blick zu halten und vor allem ein Auge auf Neuzugänge zu haben. Gerade bei den Neuzugängen handelt es sich oftmals um ausgesetzte, aber auch um entlaufende- also eigentlich zahme- Hauskatzen. Diese Tiere gezielt einzufangen, zu überprüfen ob sie registriert sind und einen Besitzer haben und sie, wenn kein Besitzer ermittelbar ist, kastrieren, chippen und registrieren zu lassen und im besten Fall auch zu vermitteln, erspart den Samtpfoten ein zukünftiges Leben „auf der Straße“- mit allen Schrecknissen, mit Krankheit und letztlich mit Tod. Weil sie in der Regel vor noch gar nicht langer Zeit an ein „Zuhause“ gewöhnt waren, haben diese eigentlich als Fundtiere zu betrachtenden Katzen nach der Kastration recht gute Vermittlungschancen.
Was zur Begrenzung des Katzenelends getan werden muss, ist also recht klar. Um dieses Projekt jedoch zu einer Erfolgsgeschichte zu machen, bedarf es vieler helfender Hände. Mehr jedenfalls, als zurzeit zur Verfügung stehen. Der Tierschutzverein Groß-Essen e.V. sucht deshalb interessierte Katzenfreund*innen, die sich vorstellen können, für den Essener Tierschutzverein Katzen tierschutzgerecht einzufangen und/oder in ihrem Umfeld Futterstellen einzurichten. Fach- und sachkundige Anleitung und Unterstützung durch die Mitarbeiter*innen und Ehrenamtliche des Tierschutzvereins sind natürlich selbstverständlich.
Die begleitenden Bilder zeigen vier verwilderte Streunerkatzen jeweils im Jahr 2016 und im Jahr 2020. Sie alle wurden kastriert und besuchen regelmäßig eine gut organisierte und gepflegte Futterstelle mit stabilen Katzengesellschaften. Sie sind älter geworden als viele ihrer Artgenossen „ auf der Straße“, ihnen bleibt das sprichwörtliche Katzenelend erspart. Danke für die unermüdlichen Katzenfreund*innen und Tierschützer*innen!
Text: Elke Esser-Weckmann